Stadtgeschichte - Geschichte und Anekdoten - moderne Kunst und Architektur - historische Bauwerke - Gärten und Gartenstraßen - Handwerk und Industrie - Museen und Freizeiteinrichtungen  im 5. Arrondissement

Von Saint-Michel zum Panthéon : das traditionelle "quartier latin"

Kleine Geschichte des "quartier latin"
(Das alte Universitätsviertel, "Lateinerviertel")

Die alten Sträßchen des „quartier latin“ sind heute voll von griechischen Restaurants, Schnellimbissen, Modeboutiken. Das studentische Leben, das mit seinen Wurzeln bis ins Mittelalter reicht, ist aber immer noch in den Cafés, den Buchläden und den Filmklubs lebendig. Zwei Traditionen haben das quartier latin geprägt, eine kirchliche und eine universitäre. Schon im 6. Jahrhundert soll Chlodwig oben auf der Anhöhe ein Heiligtum gegründet haben, aus dem sich später die Abtei „Sainte-Geneviève“ entwickelte. Im 12 Jh. kam die Abtei Sankt Viktor hinzu. Im Umkreis dieser beiden Abteien entstand eine Vielzahl religiöser Gemeinschaften. Die intellektuelle Tradition beginnt mit dem Zuzug der abtrünnigen Lehrmeister aus der „Cité“. Der Kanzler von Notre-Dame, der die Aufsicht über den Unterricht hatte, legte ihnen gewisse Zwänge auf, die Abélard und andere veranlassten, sich außerhalb seines Zuständigkeitsbereichs niederzulassen und ihren Unterricht in den Scheunen und Ställen an den Hängen des Sainte-Geneviève-Höhe fortzusetzen. Im Jahr 1215 verlieh der Gesandte des Papstes der Universität ihre Statuten. Die Kirche, die damals das Wissen und die Lehre verwaltete, spricht Latein und mit ihr die Universität. Die Studien beginnen im Alter von etwa 14 Jahren mit den antiken "artes liberales", nämlich der Grammatik, der Rhetorik, der Dialektik , der Arithmetik und der Geometrie, der Musik und der Astronomie. Nach dem Abschluss dieser Studien durch das Baccalaureat konnte man dann kanonisches Recht (Kirchenrecht), Theologie oder Medizin studieren. Ab 1250 entstehen mehr als 60 Kollegien, die 700 „Scholaren“ aufnehmen und ihnen Unterkunft, Verpflegung und „Repetitorien“ sichern. Am berühmtesten wurde die „Sorbonne", das von Robert de Sorbon 1257 gegründete Kolleg, das im 19. Jahrhundert erneuert wurde. Ab 1530 wurden in dem Viertel weitere wissenschaftliche Einrichtungen gegründet: im 17. Jahrhundert das „Collège de France“ und das Observatorium (Das "Collège de France" ist das Nationale Wissenschaftskolleg mit den bedeutendsten Vertretern der einzelnen Fachgebiete), dann durch die Revolution die „Grandes écoles“ (die Elite-Fakultäten Frankreichs speziell für die höchsten Staatsämter und die Lehre), durch Napoleon schließlich die großen Lyzeen.

1- Fontaine Saint-Michel ()
Das Quartier wurde um 1850 von Haussmann völlig neu gestaltet. Für den Präfekten des Departement „Seine“ in der Zeit des zweiten Empire (Napoleon III., 1852-1870) kam es vor allem darauf an, mittels neuer Straßendurchbrüche in Form großer geradliniger Avenuen, gesäumt von Baumreihen und Gebäuden aus behauenem Naturstein, die heraustagenden Punkte der Stadt durch Sichtachsen miteinander zu verbinden. Nun war aber die Perspektive des Boulevard du Palais von der „Cité“ her durch den neuen Boulevard Saint-Michel unterbrochen, da er nicht in der gleiche Achse verlief. Haussmann beschloss deshalb, den 'St. Michaels-Brunnen' zu errichten, um auch dieser Perspektive einen Haltepunkt zu geben. Davioud erhielt 1860 den Auftrag. Duret schmückte den Brunnen mit der Statue des hl. Michael als Drachentöter

Buchhandlung Librairie Gibert-Jeune 

Das Quartier Saint-Séverin 
Die rue de la Huchette, rue Saint-Séverin und  rue Galande zeigen noch ihren Verlauf aus dem Mittelalter. Die Häuser freilich sind aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Die Straßen wurden 1972 in Fußgängerzonen umgewandelt und sind seither von Touristen und griechischen Restaurants belebt. Hier im Viertel entstand einer der ersten Jazz-Clubs, der Caveau de la Huchette (Huchette-Keller). In einem kleinen Theater namens „Petit théâtre de la Huchette“ werden seit 41 Jahren die Stücke von Jonesco aufgeführt. Charmant ist der kleine Platz zwischen der rue de la Bûcherie und der rue des Grands-Degrés.

2- Eglise Saint-Séverin, 1 rue des Prêtres-Saint-Séverin
(Tel. 01 43 25 96 63, geöffnet 11.00-20.00, Sonntags 9.00-21.00)
Die 1495 wiederaufgebaute Severinskirche ist ein schönes Beispiel der Spätgotik im Flamboyant-Stil. Das git besonders die „Palmenreihe“ aus Stein und der Pfeiler, um den sich die 14 Gewölberippen der Apsis winden. Im Turm hängt die älteste Glocke von Paris (1412).

Saint-Julien-le-Pauvre, square Viviani
(geöffnet 9.00-13.00 und 14.30-18.30)
Die Kirche zu St. Julian dem Armen steht in der Nachfolge eines Gebetsraumes des 6. Jh., der an der Pilgerstraße nach Santiago di Compostela stand. Später wurden eine Kirche und ein Hospiz für mittellose Pilger und Reisende errichtet. Die heutige Kirche macht noch heute den Eindruck einer gotischen Dorfkirche mit deutlich spürbaren romanischen Zügen. So sind die kräftigen Strebepfeiler der kleinen runden Apsiskapellen  typisch für das 12. Jahrhundert. Im 17. Jh. war die Kirche so verfallen, dass einige Teile abgerissen wurden. Die Revolution nutzte sie als Salzspeicher. Seit Ende des 19. Jh. dient sie dem griechisch-melchitischen Ritus.

Auf den Vorplatz steht einer der
ältesten Bäume von Paris, eine Robinie aus dem Jahr 1620.

3- Musée des collections historiques de la préfecture de police , 1 bis rue des Carmes
(musée des collections historiques de la préfecture de police)

(Metro Maubert-Mutualité) (Tel.. 01 43 29 21 57 oder 01 44 41 52 50, geöffnet 9.00-17.00 außer Sonntag, am Samstag von 10.00-17.00
Im
Museum der historischen Sammlungen der Polizeipräfektur kann man die geheime königliche Haftbefehle sehen (lettres de cachet), die es dem König erlaubten, jedermann nach Belieben zu verhaften. Weiterhin entdeckt man Dokumente über berühmte historische Prozesse: Ravaillac, Calas, Landru usw. Eine außerordentlich reichhaltige Bildersammlung zeigt unter anderem Pariser Gefängnisse, berühmte Kriminelle, Uniformen der berittenen und der sonstigen Polizei. Ein Teil des Museums ist der Befreiung von Paris am Ende des Zweiten Weltkriegs gewidmet, ein weiterer der wissenschaftlichen Polizeiarbeit (Polizeilabors...).

4- Piscine Pontoise, 19 rue de Pontoise (www)
(Metro Maubert-Mutualité) (Tel.. 01 43 54 06 23, geöffnet abends bis Mitternacht, es werden Taufen organisiert)
(Architekt L. Pollet, 1933)

Hübsches Bad mit 33 m Becken: gesäumt von blauen und weißen Kabinen über zwei Etagen und erhellt von einer großen Glaswand. Im Becken des Pontoisebads wurde die Schwimmszene mit Juliette Binoche für den Film „Bleu“ von Kieslowski gedreht.

5- Musée de l'assistance publique-hôpitaux de Paris, 47 quai de la Tournelle
(Metro Maubert-Mutualité) (Tel.. 01 46 33 01 43) 
(geöffnet 10.00-17.00 außer Sonntag, Montag, geschlossen im August)

Le Vau oder Mansart sind möglicherweise die Architekten des Hauses von 1630, in dem heute das Museum der Öffentlichen Krankenfürsorge und der Hospitäler von Paris die Geschichte der Pariser Krankenanstalten zeigt. Sie beginnt mit den ersten Hospitälern, in denen bedürftige Kranke von Klosterangehörigen gepflegt wurden. Das Hospital „Necker“ von 1776 ist ein Vorläufer des modernen Krankenhauses mit einem Behandlungszentrum. Gezeigt werden medizinische Errungenschaften, medizinische Gerätschaften, wie sie im 19. Jh. üblich waren, Chirurgenbesteck, verschiedene Arten von Babyfläschchen... Die Apotheke beherbergt eine schöne Sammlung von Apothekertöpfen. Ein „cabinet de l’amateur“ erinnert an die „Kuriositäten-Kabinette“ des 17. Jh., in denen die Bürger mehr oder weniger künstlerische und wissenschaftliche Gegenstände zusammenbrachten.

6- Ecole supérieure des travaux publics, 57 Boulevard Saint-Germain (www)
(Architekten Joannès Chollet und Jean-Baptiste Mathon, 1936)

Die Hochschule für das staatliche Baumwesen befindet sich in einem Bau aus den 1930er Jahren, der durch die Behandlung der Bauvolumina und durch das Spiel der vertikalen und horizontalen Linien auf sich aufmerksam macht. Um sie in der Backsteinfassade zur Geltung zu bringen, sind breite und tiefe Aushöhlungen gegen die vertikalen Pilaster gesetzt. Die Wirkung einer Rotunde an der Straßenecke wird dagegen durch breite, horizontale Fenster verstärkt, deren tragende Pfosten in das Innere des Baus gelegt sind. Die Fensterausschnitte sind mit einem künstlichen Material eingefasst („Lap“), das an schwarzen Marmor erinnert.

Thermes de Cluny
 
Die Cluny - Thermen
sind eine der drei Badeeinrichtungen aus dem Lutetia des 2. Jh., dem römischen Vorläufer des heutigen Paris. Vom Boulevard Saint-Germain aus sieht man die zwei Palästren (den Hallen für die körperlichen Übungen) und den großen Raum des „Frigidarium“, des Kaltbades, mit seinen originalen Gewölben aus der Römerzeit. Diese hielten auch dem Druck des Gartens stand, der im Mittelalter über ihnen angelegt wurde. Wenn man das Innere des Cluny-Museums betritt, kann man auch die Räume für das Warm- und das Heißbad sehen.

(Neu)
Der Mittelaltergarten des Cluny-Museums, Ecke Boulevards Saint-Germain und Saint-Michel
(Landschaftsarchitekten Eric Ossart, Arnaud Maurière, 2000)
Inspiriert von der Pflanzenwelt, wie sei auf den Wandteppichen der Dame à la Licorne (Dame mit den Einhorn)  dargestellt ist, versuchten die beiden Landschaftsarchitekten, eine mittelalterliche Atmosphäre zu schaffen. Sie legten einen Garten mit den üblichen Arzneipflanzen an, einen Liebesgarten mit den Düften von Nelken, Geißblatt und Feldthymian, sowie einen Himmelsgarten, in dem Lilien und Blumen blühen, den Symbolen der Jungfrau Maria. Ein langgezogener "Brunnen mit silbrigem Schilfrohr" (Brigitte Nahon) erzeugt zahllose Widerspiegelungen der Pflanzenwelt ebenso wie des Cluny-Palais. Manche Kritiker haben sich freilich gegen die Kosten (1,5 Millionen Euro) aufgelehnt für ein Werk, das mehr an eine "Disneywelt" als an das wirkliche Mittelalter erinnere. Die Gartenhistorikerin Monique Mosser fügte dem an, dass die Bilderwelt aus dem 15. Jh., die uns heute zur Verfügung steht, mehr "dem symbolischen Ausdruck verpflichtet ist, als einem Handbuch der mittelalterlichen Gärtnerei".

7- Hôtel de Cluny6 place Painlevé
(Metrostationen: Cluny-la Sorbonne)
Die Pariser Residenz der Äbte von Cluny (in Burgund) wurde 1480 über den alten gallorömischen Thermen errichtet. Der Bau zeigt einen Stil des Übergangs zwischen zwei Epochen. Er verbindet: das überreiche spätgotische „flamboyant“-Dekor (die Tiere der Wasserspeier!) und die Elemente eines Wehrbaus mit Zinnenmauer und Wehrgang. Gerade Linien und ein regelmäßiger Plan nehmen bereits den Klassizismus der Pariser Stadtpalais  vorweg. So liegt das Hauptgebäude („corps du logis“) zwischen Hof und Garten, der Bau besitzt einen zurückgesetzten Flügel (allerdings nur einen) und eine Einfassungsmauer trennt Hof und Straße. Der Zugang zum Gebäude lag in dem außenliegenden Treppenturm, einem Kennzeichen der Residenzender Oberschicht.

Das Museum des Mittelalters im Hôtel de Cluny, 6 place Painlevé (www, www speziell für Kinder
(Tel. 01 43 25 62 00, geöffnet
9.15-17.45 außer Dienstag) (unter Tel. 01 53 73 78 00 wird man über das sehr vollständige Programm der Führungen informiert)
(Tel.. 01 43 25 62 00, geöffnet 9.15-17.45 außer Dienstag)
Möbel, Wandbespannungen, Tapisserien (Wandteppiche, darunter die berühmte Dame mit dem Einhorn aus dem 15. Jh., beschwören das herrschaftliche Leben des Mittelalters herauf. Die Ausstellung zeigt auch farbige Glasfenster, religiöse Skulpturen und Gegenstände der Goldschmiedekunst. In dem stimmigen und stimmungsvollen Rahmen werden die „poetischen Stunden“ des Mittelalters veranstaltet. (Tel. 01 46 34 51 17)

Sport- und Wander-Artikel  Au Vieux Campeur

8- Die Sorbonne, 47 rue des Ecoles (www)
(Metro Cluny-la Sorbonne, Luxembourg
Gegründet im Jahr 1257, wurde das Kolleg des Robert de Sorbon im Mittelalter zu einer weit berühmten Fakultät für Theologie. Sie zog bis zu 10 000 Studenten an und tat es damit Oxford und Bologna gleich, den berühmtesten Universitäten der Zeit. In der Renaissance blieb sie freilich den neuen Ideen gegenüber verschlossen und hielt sich lieber an ihre alten Privilegien, so dass sie zu Gunsten der humanistischen Lehre des Collège de France an Boden verlor. Kardinal Richelieu ließ 1642 die Bauten neu errichten. Die Kapelle, die er als seine Grabstätte plante, zeigt zwei einander gegenüberliegende Fassaden: die eine bildet den Abschluss des Ehrenhofs, in dessen Pflaster eine weiße, doppelt gepunktete Line den Grundriss der alten Kirche der Sorbonne anzeigt; die zweite Fassade öffnet sich zum Sorbonneplatz. In der Revolution wurde die Universität geschlossen. Napoleon ließ sie 1806 wiedererstehen, jetzt aber als eine weltliche Fakultät, in der Guizot und Michelet als Professoren glänzten. Es ist schließlich die junge Dritte Republik, die das neue Universitätsgebäude errichtet (Henri-Paul Nénot, 1883-1901) und die akademische Lehre erneuert. Die Statuen von Pasteur und Victor-Hugo auf beiden Seiten des Ehrenhofs symbolisieren diese Reform. Im Süden, an der „rue Cujas“, liegt die alte Fakultät für Naturwissenschaften, die einst durch die Türme der Physik und der Astronomie überragt wurde. Die philosophische Fakultät im Norden öffnete sich zur rue des Ecoles.

9- Das Collège de France, 11 rue Marcelin-Berthelot (www)
(Metrostationen Maubert-Mutualité, Cluny-la-Sorbonne)
(Tel. 01 44 27 10 27
, am Eingang ist das Programm der Kurse erhältlich) 

François I. gründete 1530 auf Anregung des Humanisten Guillaume Budé das „Kollegium der Lektoren des Königs“ zur Förderung der neuen Lehren, die von der mittelalterlich und scholastisch gebliebenen Universität zurückgewiesen wurden. Wenn auch die Vielfalt der Lehrstühle ständig angewachsen ist (Naturwissenschaften mit M. Berthelot und F. Joliot-Curie, Human-Wissenschaften mit dem Anthropologen C. Lévi-Strauss), so ist das Collège de France doch immer eine wissenschaftliche Institution ganz besonderer Art geblieben. Es vergibt keine Diplome, die Professoren kommen nicht unbedingt aus der Universitätslaufbahn und jedermann kann den Vorlesungen beiwohnen. Die Gebäude wurden 1780 von Chalgrin neu errichtet und Richtung rue Saint-Jacques durch Letarouilly (1842) erweitert. Sie sind um zwei Höfe gruppiert, die durch einen Portikus mit verzierten Arkaden voneinander getrennt werden. Der Architekt Wilmotte wurde neuerdings mit der Erneuerung des Inneren beauftragt. 

Etwas weiter oben in „rue Saint-Jacques“ kommt man am lycée Louis-Le-Grand (www) vorbei, das Napoleon an der Stelle gründete, wo das ehemalige Jesuitenkollegs von Clermont stand. Es zählt zu dem Elitegymnasien des Landes.

(Weiter die „rue saint-Jacques“ entlang...)
10- Der Platz des Pantheon
"Genovefa" inspirierte im 5. Jahrhundert den Widerstand der Pariser gegen die Belagerung der Hunnen unter Attila. Auf der Höhe des „heiligen Hügels des heidnischen Lutetia“ halten drei Gebäude die Erinnerung an die Abtei der Heiligen Genoveva wach, die im Mittelalter eine bedeutende wirtschaftliche und geistige Rolle spielte. Es sind dies der Chlodwig-Turm (la tour Clovis), die Kirche Saint-Etienne-du-Mont und das Pantheon. Der Platz des Pantheon wurde von Soufflot entworfen, um den Blick auf das Pantheon freizulegen: er wird von zwei Gebäuden mit halbrunden klassischen Fassaden eingefasst. Die ab 1770 errichtete Juristische Fakultät (faculté de droit) hat den Bau des Rathauses des 5. Arrondissement beeinflusst (Architekt Hittorff , 1844)

Das Pantheon
(Metro-Stationen: Luxembourg, Cardinal-Lemoine, Maubert-Mutualité)
(Tel.
01 43 54 34 51, geöffnet 9.30-18.30 von April bis September, 10.00-17.00 im Winter von Oktober bis März)
Jacques-Germain Soufflot  erhielt 1744 von König Ludwig XV. den Auftrag, die alte Kirche St. Genevieve durch einen Neubau zu ersetzen. Soufflot war der königliche Oberbaumeister und hatte den Ehrgeiz, verschiedene Traditionen miteinander zu verbinden: die „Leichtigkeit der Gotik“, die er als einer von ganz wenigen noch schätzte, den französischen Klassizismus, der sein Erbteil war, und die „Herrlichkeit der griechischen Architektur“, die er als erster in den antiken Tempeln Süditaliens studiert hatte. Der Bau des Pantheon zeigt das griechische Kreuz als Grundriss, der von einer Kuppel gekrönt und von einem Portikus eingeleitet wird, ganz wie beim Pantheon in Rom. Da man zunächst den Baugrund festigen musste, war die Kirche beim Ausbruch der Revolution eben erst vollendet worden. Diese beschloss, die Kirche in eine Grablege für große Persönlichkeiten umzuwandeln, etwa für Voltaire und Rousseau. Quatremère de Quincy beseitigte alles religiöse Beiwerk und mauerte die 42 Fenster zu, um die Wirkung eines Grabmals zu verstärken. Man kann die Spuren dieser Veränderung noch am Außenbau erkennen. Das 19. Jh. schwankte ständig zwischen einer bürgerlichen Bestimmung (Bürgerkönig Louis-Philippe) und einer religiösen (die beiden Empires Napoleon I. und III.). Schließlich entschieden 1885 die Bestattungsfeierlichkeiten für Viktor Hugo. Von nun war „der Bau endgültig den republikanischen Liturgien gewidmet“ (wie der Guide Gallimard feststellt). Die Krypta vereint die Grabmäler „den großen Menschen geweiht durch das dankbare Vaterland“
Man kann auf die Galerie der ersten Kuppel steigen. von dort aus machte
der Physiker Léon Foucault öffentlich das berühmte Experiment des Pendels, dessen Schwankung die Erdrotation bewies. Demjenigen, der die Treppen hinaufsteigt, bietet sich aus 50 m Höhe ein schöner Blick über Paris 

10- Die Bibliothek Sainte-Geneviève, 10 place du Panthéon
(Tel. 01 44 41 97 98, geöffnet 10.00-22.00 außer Sonntag)
(Architekt Labrouste, 1844) 
Labrouste, der Architekt der Bibliothek, verwandte 1844 hier  zum ersten mal die neuen Materialien des 19. Jh. für ein öffentliches Gebäude. Eisen und Gusseisen waren widerstandsfähig, unbrennbar, preiswert und ermöglichten die Verbindung baulicher Leichtigkeit mit natürlichem Licht. Die nüchterne Fassade steht in Kontrast zu der reichen Ausschmückung des Inneren, inspiriert durch Malereien mit der Darstellung antiker römischer Denkmäler (Abb.).

 

Die Kirche Saint-Etienne du Mont, 1 place Sainte-Geneviève
(Tel. 01 43 54 11 79, geöffnet 8.00-12.00 und 15.00-19.00, ab 10.00 im Juli und August)

Verschiedene alte Bauformen verbinden sich in diesem komplexen Bau einer Übergangszeit. St.-Etienne wurde zuerst im 13. Jh. neben der Abteikirche von Sainte-Geneviève. gebaut und dann im 16. Jh. erweitert. Als 1807 die Abteikirche abgerissen wurde, kam die Fassade von St.-Etienne aus dem Gleichgewicht. Baltard restaurierte 1861 ihre Dekoration. Die Hauptfassade besteht aus drei übereinandergestellten Giebeln  unterschiedlicher Stilart: der erste ist dreieckig, der nächste gewölbt , der letzte "en pignon“ geschwungen. Der Eindruck einer Hallenkirche entsteht durch Seitenschiffe, die annähernd so hoch sind wie das Hauptschiff. Das Innere folgt dem gotischen Plan, doch einige Dekorationen sind im Stil der Renaissance: zum Beispiel zeigt das Kirchenschif den Rundbogen an Stelle des Spitzbogens. 

Ebenso ist der einzige in Paris erhaltene Lettner (eine Tribune mit Arkaden zwischen Hauptschiff und Chor), seiner Architektur nach gotisch, die Dekoration folgt aber der italienischen Renaissance. Das spitzbogige Kreuzgewölbe des Chors ist mit hängenden Schlusssteinen geschmückt, die im Zentrum des sternförmigen Netzwerks der Gewölberippen schweben. 

 

Gegenüber liegt das Gymnasium lycée Henri IV, Nr. 23 rue Clovis. Es wurde von Napoleon auf dem einstigen Gelände der Abtei Sainte-Geneviève errichtet. Der Chlodwig-Turm (tour Clovis), ist ein Rest der Stadtmauer aus der Zeit von Philippe-Auguste, 12. Jh.  (siehe Abb. rechts unten, www).
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Die Revolution stärkte die intellektuelle Tradition des „quartier latin“ durch die Errichtung der Ecole polytechnique, Nr. 1 rue Descartes und, weiter südlich, der „Ecole normale supérieure“, rue d'Ulm. (Es sind dies nationale Eliteschulen.  Insbesondere gilt die Ecole polytechnique als das non plus ultra der universitären Elitebildung. Die Aufnahme ist nur über die scharfe Auslese eines nationalen Wettbewerbs möglich, auf den man sich in speziellen Hochschulkursen vorbereitet). Am Ende des 20.Jahrhunderts trat eine gegenläufige Wirkung zu dieser konzentrierten Nationalisierung ein, teils aus Platzmangel, teils aus dem staatlichem Willen zur Dezentralisierung: Mehrere Einrichtungen des „rive gauche“ (des quartier latin am „linken Seine-Ufer“) zogen an den Stadtrand oder in die Provinz, so die polytechnische Schule, aber auch die Ecole des Ponts et chaussées sowie die ENA - die nationale Eliteschule für Verwaltung - und höchste Staatsämter -, die sich früher in Saint-Germain-des-Prés befanden.

Wandmalerei von Alechinsky, Ecke  rue Clovis und rue Descartes
Im Rahmen der Aktion  "Mauern des Jahres 2000", schuf hier der Maler  Alechinsky einen blauen Baum von wunderbarer Wirkung.

Von hier aus setzt sich der Rundgang fort  mit moderner Architektur rund um Mouffetard und im Südteil des Arrondissement

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